Profanierungs-Gottesdienst in Celle

Am 30.01.2022 hielt Bezirksevangelist Christoph Lindwedel den letzten Gottesdienst im Kirchengebäude Celle und profanierte dieses am Schluss seines Dienens. Das Kirchengebäude werde abgerissen und an gleicher Stelle eine neue Kirche gebaut, als Bauzeit dafür seien ca. 1,5 Jahre vorgesehen.

Ab Mittwoch, 02.02.2022, finden die Gottesdienste der Gemeinde Celle im benachbarten Botan-Komplex statt, genauer gesagt in der dortigen ehemaligen Kampfsport-Schule.

Diesem besonderen Gottesdienst legte der Bezirksevangelist das Bibelwort „Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde“ (Prediger Salomo, 3. Kapitel, 1. Vers) zu Grunde.

Zu Beginn ging er darauf ein, dass er eine komische Stimmung im Bauch habe. Eigentlich passiere etwas Wunderbares für die Gemeinde Celle, aber dieses sei auch mit Abschied-Nehmen verbunden. Er forderte die Geschwister auf, nicht traurig darüber zu sein, maximal etwas wehmütig.

Anschließend kam er auf das Bibelwort zu sprechen: Salomo habe hier die wesentlichen Dinge des Lebens im Blick. Hier bestünde eine Parallele zur Gemeinde, denn auch die Gemeinde Celle habe wesentliche Dinge erlebt.  Es wäre schön, wenn alle Geschwister von einem Erlebnis erzählen könnten, was sie hier mit der Gemeinde verbinden, und sie sich diese Erinnerungen bewahren.

Er zählte einige Veranstaltungen auf, die im Kirchengebäude Celle in der Vergangenheit stattgefunden haben: Gottesdienste; mal Gottesdienste mit brechend voller Kirche, mal mit nur zehn bis zwölf Geschwistern, Konzerte, Taufen, Hochzeiten, Trauer-Gottesdienste, Ämter-Versammlungen usw.. Celle sei Mittelpunkt des Bezirks, sodass auch viele Bezirksveranstaltungen hier gemacht worden seien. Dies alles habe seine Spuren hinterlassen.

In all den vielen Jahren der Geschichte des Kirchengebäudes habe es immer wieder Gegensätze gegeben. Viele dieser Gegensätze spreche auch Salomo im anfangs genannten Bibelwort an:

- Geboren werden – Sterben

- Pflanzen – Ausreißen

- Töten – Heilen

- Einreißen – Bauen

- unterschiedliche Gefühle: lachen – weinen, klagen – tanzen

- Besitz: Suchen – Behalten – Verlieren

- Kommunikation: Schweigen – Reden

- Beziehungen: Lieben – Geliebt Werden – Hassen

Alles davon habe seine Zeit, für jeden persönlich, aber auch für die Gemeinde Celle. Celle sei eine bodenständige Gemeinde, der nichts fremd sei. Streit sei ihr nicht fremd, das Wissen, dass Gemeinschaft auch mal ganz sensibel sein könne und auf der Kippe stehe, ebenfalls nicht. Die Geschwister stünden mitten im Leben und mitten im Gemeindeleben.

Wenn die Gegensätze ausgewogen seien, könne man es gut ertragen. Wenn aber das Schlechte überwiege, werde es schwer. Das Bibelwort solle den Geschwistern Mut machen. Der Bezirksevangelist forderte die Gemeinde auf, auf die kleinen Dinge zu schauen, die Gott jeden Tag immer wieder neu schenke. So gelinge es mit einer kleinen Zeit der Freude eine größere Zeit der Trauer durchzuhalten.

Die Kirche werde abgerissen und nun komme eine neue Zeit. Auf der Internetseite der Gemeinde Celle stehe die Überschrift „Celle – eine Gemeinde mit Zukunft“.  Dieses Motto solle man ganz wörtlich nehmen. Aber wenn man wirklich Zukunft haben möchte, müsse sie auf solider Basis stehen. Die Grundlage müsse eine Gemeinde sein, die stark im Glauben sei und die zusammenhalte.

Im Kirchengebäude stecke ganz viel Herzblut und viele Geschwister seien wehmütig, dass das Gebäude abgerissen werde. Aber es müsse sein; das, was komme, werde großartig sein, es entstehe etwas Neues, zuerst ein Umzug ins Provisorium, danach werde das Neue Stück für Stück aufgebaut. Hier müsse man drauf achten, dass alle mitgenommen werden.

Der Bezirksevangelist ging darauf ein, dass viele Geschwister Sorgen im Herzen haben und bspw. die Planung der Parkplätze noch nicht optimal sei. Auch den Brüdern gehe der Abriss nahe und auch sie haben ein Grummeln im Bauch. Allerdings sei niemand allein mit seinen Sorgen.

Er ermunterte die Geschwister, den Zwischenschritt der provisorischen Unterkunft zu nutzen, um einander von einer ganz anderen Seite kennen zu lernen und noch mehr aufeinander achtzugeben. Jeder solle darauf achten, dass dann später in der neuen Kirche wieder die Personen links und rechts neben einem sitzen, die heute neben einem sitzen, dann sei keiner verloren.

Der letzte Gottesdienst in dem Kirchengebäude werde mit einem Auszug aus diesem beendet. Auch die Gemeinde solle ausziehen aus altem Denken und Handeln, ausziehen aus altem Streit. Manches werde man nicht los, manches hole man immer wieder hoch. Aber wenn jetzt alles „platt gemacht“ werde, sei der beste Zeitpunkt, auch aus solchen Dingen ausziehen. Es müsse nicht immer alles gut sein, so wie es gewesen ist. Junge Geschwister in der Gemeinde denken und handeln vielleicht anders. Früher hätte man vielleicht gesagt: „Gottesdienst-Übertragung ins Internet: „Das ist nicht meine Kirche!“ Heute seien wir froh, dass wir es haben.

Am Schluss seiner Predigt erwähnte der Bezirksevangelist, dass man fast alle Dinge, die Salomo im Bibelwort aufzählt, nicht allein machen könne und man sie gemeinsam erledigen müsse. Er zog erneut eine Parallele zur Gemeinde und forderte die Geschwister auf, die Dinge gemeinsam anzugehen und ganz freudig ins neue Kirchengebäude einzuziehen.

Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes bat er unseren Vorsteher, Andreas Heidemann, um einen Predigt-Beitrag. Dieser erzählte, dass er, wenn er in die Kirche komme, gegen die Wand klopfe und „Grüß dich altes Haus“ sage. Gottes Geist bleibe und viel wichtiger als im Haus bleibe er in der Gemeinde.

Er ging auf die Überschrift der Internetseite „Celle - Gemeinde mit Zukunft“ näher ein. Die Zukunft komme auf jeden Fall, man könne sich nicht dagegen wehren. Aber die Gemeinde müsse diese selbst gestalten, die Gemeinde, jeder einzelne habe es in der Hand, wie großartig unsere Zukunft werde, sowohl hier in der Gemeinde als auch in der Ewigkeit.

Er forderte ebenfalls dazu auf, das Alte hinter sich zu lassen, und erwähnte ein Bibelwort des Propheten Hosea „Säet Gerechtigkeit, erntet nach dem Maß der Liebe“ (Hosea 10,12). Die Gemeinde solle nicht an der alten Gemeinde weiterbauen, nicht die alte Zukunftshoffnung weiter verfolgen, sondern stattdessen etwas Neues pflügen.

In der neuen Unterkunft werde es etwas enger, man müsse zusammenrücken. Aber nicht nur in der Räumlichkeit, auch in der Gemeinde, im geistlichen Sinne, sollen die Geschwister zusammen rücken, damit man sich gegenseitig auffangen könne, wenn jemand falle. Jeder baue mit.

Der Bezirksevangelist unterstrich diese Gedanken und bat darum, heute schon damit anzufangen. Damit etwas Neues entstehen könne, sei jeder ganz wichtig! Ohne DICH bleibe dieser Ausspruch auf der Internetseite (Gemeinde mit Zukunft) nur ein Spruch. Jeder könne jetzt zeigen, dass ihm Zukunft in dieser Gemeinde wichtig sei. Es gehe nur zusammen, jeder habe Verantwortung dem nächsten, aber auch sich selbst gegenüber. Die Geschwister sollen sich in der Zeit der Übergangs-Unterkunft nicht verkriechen, alle sollen mit darauf achten, dass alles, was sie in Liebe hinaus tragen, erhalten bleibe, dass ein Stein wieder auf den anderen komme und niemand auf der Strecke bleibe. Er schloss seine Predigt damit, dass Gott jeden Einzelnen brauche und die Gemeinde gemeinsam die Zukunft bauen solle.

Im Schluss-Gebet vor dem dreifachen Amen erfolgte dann die eigentliche Entwidmung des Kirchengebäudes mit folgenden Worten: Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes entwidme ich diese Stätte. Sie ist von nun an keine Wirkungsstätte des Heiligen Geistes mehr, der Friede Gottes begleite die Gemeinde auf ihrem weiteren Weg.

Nach dem Gottesdienst erfolgte der feierliche Auszug. Während ein kleiner Chor die irischen Segenswünsche sang, überreichte der Vorsteher einzelnen Geschwistern, die dazu vor den Altar gekommen waren, die sakramentalen Gegenstände wie Taufschale und Abendmahlskelche. Mit aktiven Amtsträgern der Gemeinde, Amtsträgern im Ruhestand, ehemaligen Gemeindevorstehern, Kindern, Jugendlichen, Senioren und anderen war aus jeder Gruppe der Gemeinde stellvertretend eine oder mehrere Personen mit dabei. Der Vorsteher selbst nahm die Bibel. Als das Lied beendet war, trugen die Geschwister die Gegenstände aus dem Kirchengebäude in das Übergangs-Quartier, in dem nach dem Gottesdienst die Möglichkeit bestand, einen Blick hinein zu werfen.                                      (Birte Andrich)